Der Wind, der Wind

AM ANDEREN ENDE

DSC_0100„Gehen im Freien erschwert“ – so charakterisiert das schlaue Wetterbuch die Windstärke, die hier grade mal wieder herrscht. Erschwert? ERSCHWERT? Ich musste teilweise stehen bleiben, weil ich einfach nicht dagegen ankam. Frontal waren die Böen, die laut ebenfalls extrem schlauer Windapp durchaus Stärke 10 erreichten („schwerer Sturm“) schon blöd. Die seitliche Variante stellt sich aber auch nicht als „erleichtert“ heraus.

Gefühlt läuft man im 45-Grad-Winkel zur Seite geneigt. In echt sind es wahrscheinlich nur 40 Grad …. Auf Dauer auch kein Spaß. Habe jedenfalls echt gekämpft auf meinem zweistündigen Marsch heute. Interessante Erfahrung (Achtung, Sprache, die das Kind beim Namen nennt): Bei dem Wind kann ich gar nicht so schnell das Taschentuch hervorkramen, wie es mir bei den gegebenen Wetterverhältnissen den unvermeidlich auftretenden Rotz einfach so aus der Nase weht.

Gestern habe ich es dafür bis Landsende geschafft, den äußersten südöstlichen Zipfel der Hallig. Dort ordentlich durchs Watt gestapft, dieses Mal ganz ohne nassen Hintern. Dafür bis zu den Knien hochgespritzt-schlammschlickbeschmiert. Herrlich. (Und die betroffene Hose verbreitet jetzt im Badezimmer einen lieblich-herben Odeur nach Moder, Algen, Meer. Um nicht zu sagen: Sie stinkt erbärmlich.) Hier ein paar Wattbesuchsergebnisse (speziell auch für Burkhard):

Interessanterweise sieht es dort, am Landsende, tatsächlich anders aus als an den anderen Zipfeln Hooges. Vor allem sieht man hier deutlich, dass das Konzept Lahnung funktioniert: doppelte Pfahlreihen im Watt, etwa kniehoch, in der Mitte mit Strauchzeug aufgefüllt. Der Zweck: Schlick und Sedimente auffangen und auf Dauer dadurch Land gewinnen. Wobei: Ich sah nur Sand. Aber der ist aufgehäuft ja auch Land. Oder es hat etwas ganz anderes damit auf sich. Leser von der Hallig, helft mir.

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Unterwegs bin ich noch auf einen bedauernswerten Legerwall-Havaristen gestoßen.

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Ach, und: Seit Donnerstagabend ist meine liebe Freundin Petra hier. Nachdem sie innerhalb von wenigen Minuten mit dem Wissen bestens klarkam, dass während ihrer Anwesenheit (10 Tage) das Halligcafé nicht öffnen wird und eine Alternativkneipe nur abends und das auch nur für jeweils 90 Minuten und das auch nur an ausgewählten Tagen zur Verfügung steht, genießt sie es hier genauso wie ich. Sie hofft auf ein Landunter; der Wind spricht dafür, die Wasserstandsvorhersagen und der wieder reibungslos funktionierende Fährverkehr leider nicht.

Und um der sich bei manchen Lesern einschleichenden (völlig unbegründeten!) Befürchtung,  bei mir würde sich alles nur ums Essen drehen, Vorschub zu leisten, brachte Petra heute folgende Aussage: „Es ist so herrlich entspannend, wenn man so gar nichts zu tun hat, außer sich ab und zu fragen: Was esse ich denn als Nächstes?“

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Dem ist nichts hinzuzufügen. Außer: Wir lassen es uns gut gehen. Muss man ja auch, bei dem Wetter.

 

8 Kommentare zu “Der Wind, der Wind

  1. Moin Sabine,
    die kleine Sandbank im Süden von Hooge dient lediglich dem Küstenschutz. Die Kraft der Wellen soll gebrochen werden, bevor sie auf Hooge treffen.
    M.W. ist das der Sinn und Zweck des Landgewinns durch Lahnungen.
    Herzliche Grüße
    Michael

    • Moin Michael,
      so hatte ich mir das auch gedacht. Also ist die Sandbank tatsächlich durch die Lahnungen entstanden?!
      Hier ist grad Mini-Landunter: viel Wasser, aber die Straßen sind noch frei. Schick.
      Schönen Nikolaustag wünsch ich dir!
      Viele Grüße
      Sabine

  2. Hallo Sabine,
    wenn ich das Bild von eurem Proviant so sehe, stellt sich mir spontan die Frage: „Welches Ding passt nicht zu den anderen?“ Was, bitte, macht denn der Räuchertofu zwischen all den leckerem Sachen??!
    Ich wünsche euch eine schöne Zeit da oben zusammen (und immer mal die Richtung wechseln, sonst geht der 45-Grad-Winkel doch mit der Zeit zu sehr auf die Knochen…)

    Liebe Grüße, auch an Petra
    Anja

    • Moin Anja,
      mit dieser Frage hast du die inoffiziell ausgelobte, gebrauchte Waschmaschine gewonnen! Sehr aufmerksamer Blick! Der Räuchertofu ist seit neustem in die Range der „leckeren Sachen“ aufgenommen – hätte ich nie im Leben gedacht, schmeckt aber erstaunlich gut und ist auch als Zwischendurch-Snack hervorragend geeignet – so z. B., um die vergossenen Tränen bei „Love actually“ aufzufangen.
      Der Richtungswechsel kommt automatisch: Wenn man irgendwohin gegangen ist, muss man ja auch irgendwie wieder zurück – und schon kommt der Wind ganz von selbst aus der anderen Richtung ;-))
      Liebe Grüße zurück, auch von Petra!
      Sabine

  3. Moin Sabine,
    wir stehen schon fast in den Startlöchern und werden am 25.12. auf die Hallig reisen oder schwimmen…..
    Auf jeden Fall, lesen wir mit Freuden deine Einträge, wundern, freuen und amüsieren uns.
    Vielen Dank für deine Berichte und Anregungen.
    Wir sind bisher hier, in der Nähe von Heidelberg, auf der Suche nach brauchbaren Gummistiefel gescheitert werden uns aber weiter bemühen.

    Eine wunderbare Zeit noch auf der Hallig und, vielleicht bis Bald
    Petra und Andreas

    • Moin ihr zwei,
      ach, da beneide ich euch ja jetzt schon. Mein Aufenthalt ist leider in gut einer Woche schon vorbei; fünf Wochen vergehen hier wie im Flug, äh, in Windeseile. Gummistiefel sind schon eine gute Sache, man stapft einfach unbeschwerter über nasse Wiesen und vor allem ab und zu auch mal auf dem Meeresboden. Die Suchmühe lohnt sich also. Viel Erfolg!

      Viele Grüße nach da unten 😉
      Sabine

  4. Allein wenn ich davon lese kribbelt’s an den Ohren und die Nase fängt an zu laufen, aber Dir haben die rauen Winde ja schon immer gefallen. Schön von Dir zu lesen, ich kann auch jetzt noch kaum glauben das irgendjemand von diesem Fliegenschiss im Nordmeer in solch kurzer Zeit so viel interessante Eindrücke zu berichten hat (zieht den Hut und hält ihn fest, damit er nicht vom Winde verweht wird).

    Liebe Grüße,
    Frank

  5. Sehr schön, auf diesem Weg von dir zu hören / lesen. Ja, es ist wirklich erstaunlich, was man hier alles so auftut. Das Gute: Es sieht hier jeden Tag anders aus. Und jeden Tag schieße ich drölfenöffzig Fotos, Minimum … Denn genau die Möwe, die gestern noch vor dem Haus ihre Kreise zog, habe ich heute noch nicht fotografiert. Es bleibt also spannend – für mich zumindest 😉
    Liebe Grüße!
    Sabine

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